November 2017 – Alte Bekannte und neue Gesichter

Die vierte Reise begann! Ein Besuch der Futterstelle gleich nach Ankunft ergibt: Bekannte Gesichter sind da, Melina und Hope, scheu wie immer, mehrere der Kater, auch Elias, mit einem neuen Abszess an der Wange – scheint aber abgeheilt zu sein. Und neue Gesichter, viele noch unbekannte Halbwüchsige aus dem Frühsommer, offenbar seit Juli zugewandert.

Am nächsten Tag schon wurden sieben Katzen zur Kastration gebracht und für den Rückflug vier Plätze für Katzen gesichert, die nicht auf Andros bleiben können. Es ist jedes Mal eine schwierige Abwägung, die Marie zu treffen hat, welche Katzen ausreisen dürfen:

Würde ich es für nötig halten, dass der blinde Kater mitkommt, würde ich versuchen es auf Teufel komm raus doch irgendwie möglich zu machen. Aber der blinde Kater kommt hier gut zurecht, hat Lieblingsplätze, bewegt sich draußen sehr sicher, läuft die Steintreppe hoch und wartet auf die Fütterperson. Er ist blind, aber es gibt nicht unmittelbar einen Grund, warum er mit muss. Allgemein habe ich mir in den letzten Tagen wie immer Gedanken um dieses Thema gemacht. Katzen nach Deutschland mitzunehmen ist zu teuer und zu wenig effektiv, als dass ich das bei Katzen mache, bei denen es nicht unmittelbar unumgänglich ist. Selbst dann – ich kann nicht mal alle Katzen mitnehmen, für die es gesundheitliche Gründe gibt. A. hätte sich für den blinden Kater gewünscht, dass er mitkommt, weil es für die Katzen das ganz große Los ist. Sie hängt an ihm und findet, er hat es verdient. Das hätte er auch – das hätten so viele Katzen. Armao braucht die Behandlung eines Augenspezialisten, Star ebenfalls. Die beiden Kitten wachsen nicht, sind in einem schlechten Allgemeinzustand und eins hat ein verletztes Auge, das nicht heilt und droht, entfernt werden zu müssen. Deshalb kommen diese vier mit. Sie haben Glück, aber andere Katzen lasse ich hier in dem Wissen, dass sie wahrscheinlich nicht mehr leben werden, wenn ich das nächste Mal hier bin… Der graue Schnupfenkater von meiner Futterstelle ist nicht mehr da. Er wäre so leicht zu retten gewesen – eine anständige Antibiose, ein Dach über dem Kopf und ein bisschen päppeln. Ich habe mir noch nicht die Zeit genommen, um um ihn zu trauern, aber das wird kommen – mit der Trauer und dem Wissen, dass ich nicht alle retten kann.

Eindrücke von der Futterstelle 1 – die Katzen am Müllplatz. Alte Bekannte, die bisher scheu waren, jetzt aber Zutrauen fanden. Einige durch die Fütterungen in gutem Zustand, andere immer noch oder schlimmer krank, wie z.B. der Kater mit den sonnenverbrannten Ohren. Dazu kamen neue Gesichter – zum Teil stark verschnupft.

Nach 11 Dosen Nassfutter und einem halben Kilo Trockenfutter verteilt auf zwei Mahlzeiten genießen die Katzen satt und zufrieden die Nachmittagssonne.

Vier weitere, davon zwei sehr scheue Katzen wurden eingefangen und zum Kastrieren gebracht.

Und es gibt immer wieder junge Neuzugänge: „Diese drei kleinen Motten sind heute beim Müllplatz aufgetaucht. Ich kann keine Mutterkatze eindeutig zuordnen, es könnte aber die extrem dürre rote Katze sein – insgesamt gibt es drei unifarben Rote, zwei Kater, eine Katze. Die Kitten bewegen sich recht frei und das eine hat die rote Katze angeschmust und sie hat es sich gefallen lassen. Ich hoffe, dass es eine Mutterkatze dazu gibt. Es fällt mir schwer die Kleinen da zu sehen, es ist gefährlich für sie. Aber bei S. ist kein Platz mehr, da sind schon zu viele Katzen. Es ist immer das gleiche: Kastration ist das einzige was langfristig hilft.

Das Futter aus der nach Andros versandten Futterpalette kommt bei allen gut an! Und das Futter wird dringend benötigt. An Tag 3 tauchen weitere Neuzugänge an der Futterstelle auf. Man erkennt sie daran, dass sie extrem hastig schlingen und in die Gruppe noch nicht gut integriert sind.

An der Futterstelle 2 herrscht ebenso reger Betrieb! Der blinde Kater ist dabei sowie mehrere der Kastrations-Kandidatinnen vom Juli, und sie sehen auch dank des Futters aus der Futterpalette sehr gut aus. Der Besuch wurde gleich noch zur Entwurmung genutzt, damit das Futter den Katzen und nicht etwa den Würmern zugute kommt.

Unmittelbar nach der Rückkehr wurden für Armao und Star Termine in einer Berliner Augenklinik vereinbart. Für beide ist es eilig – für Armao nochmal dringender als für Star, aber auch Star soll die Schmerzen endlich los werden. Armaos Situation mit dem Auge ist dramatisch, er hat eine riesige Beule über dem Auge und die linke Gesichtshälfte steht so unter Spannung, dass dauernd Gewebeflüssigkeit austritt. Die Schmerzen, die er hat, kann man sich vorstellen. Nubi und Narnia, geboren im Mai 2017, Nubis Auge ist verletzt, beide sind sehr mager, haben starken Durchfall. Das lässt sich aber in den Griff bekommen!

Bei Star ergab die Voruntersuchung, dass das Auge entfernt werden muss, und auch die Zähne müssen operiert werden. Nubi hat eine arge Verletzung auf der Hornhaut, aber das scheint sehr gut abzuheilen. Und, unvorstellbar, bei Armaos Voruntersuchung wurde festgestellt, dass er mit Schrot beschossen worden ist. Er hat Kugeln im ganzen Körper und zwei dort, wo der Augapfel saß!

Leider ergab die Untersuchung auch, dass Armao einen bösartigen Tumor hat, aggressiv, die Nasenscheidewand war schon aufgelöst. Der Tumor war schnell fortschreitend, nicht mehr therapierbar und befand sich über den Sehnerv nur wenige Millimeter vom Gehirn entfernt. Selbst wenn es ein Tumor gewesen wäre, der auf Bestrahlung angesprochen hätte, wäre das erst nach kompletter Abheilung der Wunden seiner eigentlich geplanten Operation gegangen und der Tumor hätte in der Zeit weiter gewuchert. Nach eingehender Beratung mit dem Chirurgen über die medizinischen Möglichkeiten blieb letztendlich nur der Weg, Armao nicht mehr aufwachen zu lassen. Er ging am 1. Dezember 2017.

Armaos trauriges Schicksal zeigt aber auch, wie wichtig die Tierschutzarbeit auf Andros ist. Einige Tage nach seinem Abschied schrieb Marie: „Ich denke noch viel an Armao und arbeite mich an seinem Schicksal ab. Es hätte ihm viel erspart bleiben können. Und gleichzeitig bin ich noch entschlossener, die beiden Futterstellen vor nächstem Frühjahr komplett durchzukastrieren, damit nicht noch weitere Kitten geboren werden, die Armaos Schicksal teilen und damit auch mehr Ressourcen für die Katzen vorhanden sind, die schon dort leben und Hilfe brauchen. Und das ist auch machbar!

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